Solarwirtschaft fordert Solar-Beschleunigungsgesetz und Streichung der „Sonnensteuer“ – Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums, Betrieben im Rahmen einer EEG-Novelle im Herbst künftig nur noch dann neue Solardächer zu fördern, wenn diese Solarstrom nicht mehr anteilig selbst verbrauchen und an Auktionen teilnehmen, seien hingegen ein Irrweg und Kostentreiber
Ohne eine deutliche Beschleunigung des Photovoltaik-Ausbaus wird der jüngst beschlossene stufenweise Kohleausstieg zur klimapolitischen Makulatur, warnt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) mit Blick auf einen zu Wochenbeginn aufgetauchten ersten Entwurf der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Bleibt die Beschleunigung aus, droht nach Auffassung von Marktforschern bereits in wenigen Jahren eine Stromerzeugungslücke aufzureißen. Ein zu langsamer Ausbau Erneuerbarer Energien würde unweigerlich zu verlängerten Laufzeiten fossiler und atomarer Kraftwerke in Europa führen.
Der BSW fordert die Bundesregierung deshalb auf, im Rahmen eines Solar-Beschleunigungsgesetzes die Bremsen für die inzwischen preiswerte Klimaschutztechnologie endlich zu lösen und auf weitere Bremsmanöver zu verzichten. Der Ausbau der Photovoltaik (PV) müsse doppelt so schnell erfolgen wie von der Bundesregierung in ihrem aktuellen Klimaschutzprogramm 2030 geplant. Um den jährlichen PV-Zubau von derzeit jährlich rund vier Gigawatt auf mindestens zehn Gigawatt zu beschleunigen, müssten insbesondere ungenutzte Gewerbedächer dabei noch deutlich stärker für die Sonnenstromernte mobilisiert werden als dies bislang der Fall sei.
Genau das Gegenteil drohe nun aber, falls mutmaßliche Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums Realität werden sollten, warnt der BSW im Rahmen einer ersten Kurzbewertung des EEG-Entwurfs, der in den nächsten Wochen in der Bundesregierung, im Bundestag und der Länderkammer beraten werden soll.
Als Irrweg bezeichnet der BSW Pläne des Wirtschaftsressorts, künftig nur noch Betrieben neue Photovoltaiksysteme zu fördern, wenn diese Solarstrom nicht mehr anteilig selbst verbrauchen und zuvor erfolgreich an einer Auktion teilgenommen haben. „Diese Bedingungen sind schikanös und das Gegenteil dessen, was die Energiewende braucht und vorantreibt. Das wäre so, als wenn man Landwirte dazu zwingen würde, ihre Erträge vollständig zu vermarkten und es ihnen nicht mehr erlaubt wäre, sie zum Eigenverzehr selbst zu verbrauchen,“ erklärt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.
Der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK) stimmt mit dem BSW in einem Vermerk darin überein, dass ein Systemwechsel hin zu Ausschreibungen bei Solardächern die Investitionsbereitschaft von Unternehmen bremsen werde, anstatt sie zu beflügeln. Das belegen auch Erfahrungen des Nachbarlandes Frankreich. „Die französischen Solardach-Auktionen gelten als gescheitert und ein Investorenschreck. Sie sind regelmäßig unterzeichnet und dazu noch teuer. Der Förderbedarf liegt 20 Prozent über dem Deutschlands“, so Körnig.
Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände fordern seit geraumer Zeit, die Investitionsbereitschaft in die Solartechnik vielmehr dadurch zu steigern, dass Marktbarrieren wie die 2014 eingeführte EEG-Umlage auf vor Ort verbrauchten Solarstrom endlich beseitigt werden. Körnig: „Die ‚Sonnensteuer´ blockiert Milliardeninvestitionen in die Energiewende in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität. Neben dem Ausbau der Photovoltaik erschwert sie die Markteinführung dringend benötigter intelligenter und dezentraler Lösungen der Speicherung und Sektorenkopplung und verstößt teils sogar gegen EU-Recht.“ Die Beseitigung dieser Marktbarriere steht auch an erster Stelle einer aktuellen Branchenumfrage des BSW und der Messe Intersolar Europe zu den wichtigsten Reformwünschen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Gesetzesnovelle im Bereich der Gebäude-Photovoltaik, an der über 500 Solarunternehmen teilgenommen haben.
Der BSW warnt schließlich vor vermeidbaren Kostensteigerungen im Zusammenhang mit den jüngsten Plänen aus dem Haus des Bundeswirtschaftsministeriums und fordert eine gründliche Überarbeitung der Gesetzespläne. Damit ließen sich die Kosten und Förderabhängigkeit von Deutschlands beliebtester Energieform schnell weiter senken. Erste Solarparks können in Deutschland inzwischen ohne Förderung errichtet werden und auch auf Dächern lassen sich Investoren für Marktprämien von wenigen Cent finden. Im Jahr 2017 – zum Zeitpunkt der letzten großen EEG-Novelle – erhielten vergleichbare Solarstromanlagen noch eine um ein Drittel höhere Zuwendung. In den letzten zehn Jahren sank diese sogar auf ein Viertel ihres damaligen Wertes.
Quelle: Bundesverband Solarwirtschaft e.V., 1.9.2020
www.solarwirtschaft.de
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