Starkes Windjahr mit ungewissen Aussichten

Energie Zukunft2017 wurden so viele Windräder in Deutsch­land errichtet wie noch nie, trotzdem bangt die Wind­industrie um tausende Jobs. Denn durch die Reformen der Bundes­regierung droht in den kommenden Jahren eine große Lücke in den Auftrags­büchern der Hersteller.

Fast 1.800 neue Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von gut 5.300 Megawatt (MW) wurden im vergangenen Jahr in Deutschland errichtet – 15 Prozent mehr als im Vorjahr und ein neuer Rekord. Damit liefern nun 28.600 Anlagen saubere Energie, 2017 trugen sie 18,8 Prozent zur Stromerzeugung bei. Die Zahlen, die der Bundesverband Windenergie (BWE) am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat, sind zwar beeindruckend, große Euphorie will dennoch nicht aufkommen. Die Branche hat mit gekürzten Förderungen, starkem Preisdruck und unsicherer Zukunft zu kämpfen, es droht der Verlust von tausenden Arbeitsplätzen. Bereits jetzt haben mindestens 2.000 Beschäftigte ihre Jobs verloren.

Neuer Fördermechanismus bringt Chaos

Die Umstellung der Förderung von neuen Windrädern hat einiges durcheinander gewirbelt. Statt eine feste Vergütung für neue Anlagen zu erhalten, müssen die Projektierer nun in einer Ausschreibung gegeneinander antreten. Die mit dem günstigsten Preis erhalten den Zuschlag. Für besonders viel Unmut hat dabei die Sonderregel für Bürgerenergiegenossenschaften geführt, denn eines hat die Ausnahme kaum bewirkt: Dass mehr Bürgerenergiegenossenschaften einen Zuschlag erhalten. Stattdessen sind es fast ausschließlich normale Projektierer, die diese Regelung nutzen – oft weil sie die sonstigen Bedingungen zu diesem Preis nicht erfüllen können.

Erhalten Projekte nach der Genossenschafts-Sonderregel den Zuschlag, haben die Betreiber deutlich mehr Zeit um die neuen Windparks zu errichten. Deshalb fürchtet die Branche einen heftigen Einbruch im Markt. Zusätzlich setzen die stark gesunkenen Vergütungen den Unternehmen zu: Binnen eines Jahres hat sich die Förderung mehr als halbiert, bei der letzten Ausschreibung gab es noch 3,8 Cent pro Kilowattstunde. „Um den kontinuierlichen Ausbau zu sichern und Klimaschutz zu ermöglichen, müssen zusätzliche Mengen ausgeschrieben werden und nicht realisierte Zuschlagsmengen in die Ausschreibungen zurück“, forderte daher Matthias Zelinger vom Verband der Anlagenhersteller VDMA Power Systems.

Nächstes Jahr kommt der Einbruch

2017 seien so viele neue Windkraftanlagen hinzugekommen, weil parallel zu den Ausschreibungen noch viele Anlagen nach dem alten Fördersystem installiert wurden, betont der BWE. Damit sei es aber vorbei, in den kommenden Jahren würden die Zahlen wieder sinken. Für 2018 erwarten die Verbände noch einen Zubau von etwa 3.500 MW. Ab 2019 droht ein noch stärkerer Einbruch, sollte die Politik nicht aktiv werden.

Tatsächlich könnte sich der Wind bald zugunsten der Branche drehen. Die Forderung mehrerer Bundesländer, in diesem Jahr zusätzliche Volumen auszuschreiben, scheint erfolgsversprechend. In den Sondierungsgesprächen kündigten Union und SPD ein Sondervolumen von 4.000 MW für neue Windkraftanlagen an, um näher an das Klimaschutzziel für 2020 heranzurücken. Zudem wurde der angepeilte Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch auf 65 Prozent bis zum Jahr 2030 erhöht, das bedeutet: Die Anzahl neuer Windräder muss in den kommenden Jahren gesteigert oder zumindest das Niveau von 2017 gehalten werden.

Rückbau alter Anlagen steht bevor

„Die Diskussion über notwendig höheren Beitrag der Windenergie muss nun schnell beginnen. Auch weil Anfang der Zwanzigerjahre mit einem erheblichen Rückbau alter Anlagen zu rechnen ist“, benannte Verbands-Chef Zelinger das nächste Problem, das der Branche Sorgen bereitet.

In zwei Jahren endet für die ersten Windräder die garantierte 20-jährige Vergütung. Viele Experten rechnen damit, dass sich der Weiterbetrieb der Anlagen aufgrund der niedrigen Börsenstrompreise dann nicht mehr lohnt. Das hieße: Die Anlagen würden abgebaut und mühsam aufgebaute Ökostrom-Kapazitäten gingen verloren.

Quelle: www.energiezukunft.eu, 29.01.2018

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