Solare Freiflächenanlage in Bürgerhand

Die Bürgerenergiegenossenschaft 58 zeigt wie es geht: Energiewende-Aktivisten errichten ihre erste solare Freiflächenanlage auf Höhe der A46-Abfahrt Iserlohn-Letmathe.

Die Bürgerenergiegenossenschaft 58 (die Zahl 58 steht für die ersten beiden Ziffern des Postleitzahlen-Gebietes im Großraum Hagen) hat in diesen Tagen ihre erste solare Freiflächenanlage errichtet. Auf einem Hang nahe der Bundesautobahn A46 in Höhe der Abfahrt Iserlohn-Letmathe ist eine Photovoltaikanlage mit rund 4.000 Modulen entstanden, die es auf eine Gesamtleistung von rund 1,7 Megawatt bringt. Damit können jährlich rund 1.700.000 Kilowattstunden Strom erzeugt werden. Das entspricht dem Jahresbedarf von 500 Haushalten.

Hans-Josef Vogel, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW, sieht in dem Bürger-Solarkraftwerk „ein Vorzeigeprojekt“ für den landesweiten Solarausbau aus gleich zwei Gründen: „Das Vorhaben ist komplett ohne Bankkredite finanziert worden, sondern allein durch Gelder der BEG-58-Genossinnen und Genossen.“ Außerdem sei die BEG-58 in einem Segment aktiv geworden, das bislang noch zu den Schwachstellen beim Solarausbau in NRW zählt: den Freiflächenanlagen.

Beim seit gut zwei Jahren anhaltenden Solar-Aufschwung in Nordrhein-Westfalen ist die Zahl leistungsstärkerer und damit von den Erzeugungskosten günstigeren Freiflächenanlagen nach vor wie verschwindend gering. Nach Angaben des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV NRW) sind landesweit bislang nur etwa 370 solare Freiflächenanlagen (> 100 kWp) installiert.

Eine Trendwende ist nicht in Sicht: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind landesweit nur neun Freiflächenanlagen mit einer Leistung von mehr als 5 MW neu ans Netz gegangen, auf dieses Segment entfiel nur etwas mehr als sechs Prozent der neu installierten Leistung. „Beim Solarausbau wäre die Landesregierung schon ein gutes Stück weiter, wenn das zweifellos vorhandene Potenzial für Freiflächenlagen genutzt würde“, so Vogel. Der LEE NRW sieht insbesondere in Industrie- und Gewerbegebieten eine große Chance für solare Freiflächenanlagen: „Um weiter wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen die Industrie und der Mittelstand günstigen Ökostrom.“

Ohne einen zügigen Ausbau von Freiflächenanlagen wird die Landesregierung wohl kaum ihre Ausbauziele im Solarsektor erreichen: In ihrer vergangenen Woche vorgestellten Energie- und Wärmestrategie hat sich die Landesregierung das Ziel gesetzt, die installierte Photovoltaik-Leistung bis 2030 von heute rund 11.000 MW auf 21.000 bis 27.000 MW zu steigern – was einer Verdoppelung innerhalb von sechs Jahren entspricht.

Für die 2010 gegründete Bürgerenergiegenossenschaft 58 ist die Freiflächenanlage in Iserlohn-Letmathe eine Premiere. Bislang haben die Energiewende-Aktivisten etwa 140 kleinere und mittelgroße Solaranlagen auf Dächern in Betrieb genommen. Zu den besonderen Herausforderungen bei dem „FF1“-Projekt (so das BEG-interne Kürzel) sagt Vorstand Peter Modrei: „Das sehr lange Genehmigungsverfahren und der Abschluss der Pachtverträge mit vielen Eignern erforderten sehr viel Geduld und Durchhaltevermögen. Durch das Solarpaket der Bundesregierung sind die Verfahren zum Glück vereinfacht worden.“ Sein Tipp für künftige Freiflächenprojekte lautet: „Die Einbeziehung der Nachbarn sowie der lokalen Bürger und Bürgerinnen ist von großer Bedeutung für die Akzeptanz von Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Wir als BEG haben den Vorteil, dass jeder Bürger und jede Bürgerin Mitglied der Genossenschaft werden und somit an den Einnahmen durch die Erzeugung des Solarstroms teilhaben kann.“ Die BEG-58 zeichne sich auch durch die große Mitarbeit von ehrenamtlichen Mitgliedern aus, die in allen Bereichen der Genossenschaft von der Planung, über den Bau bis zum Betrieb der Anlagen engagiert sind.

Einen Wunsch für die kommenden Wochen hat der BEG-58-Vorstand: „Wir wünschen uns ein Unternehmen, dem wir den Strom von der FF1 direkt verkaufen könnten. Das wäre eine Win-Win-Situation für beide Seiten.“

Der LEE NRW jedenfalls setzt auf einen zügigen Ausbau von Freiflächenanlagen. Vorsitzender Hans-Josef Vogel: „Was die BEG-58 geschafft hat, sollte auch für private Investoren und Gewerbetreibende machbar sein.“

Solarausbau NRW im 1. Halbjahr 2024

Quelle: Landesverband Erneuerbare Energien NRW e. V. (LEE NRW) vom 19.9.2024
www.lee-nrw.de

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