Bereits im letzten Jahr erfolgte die Novellierung der Landesbauordnung NRW (BauO NRW), in der die sogenannte „Solarpflicht“ erlassen wurde. Nun, über ein halbes Jahr später, wurde endlich die entsprechende Verordnung zur Umsetzung der Solaranlagenpflicht veröffentlicht. Wir erläutern Ihnen, für wen die neue Pflicht gilt, was bei der Umsetzung beachtet werden muss, und welche Ausnahmen bestehen.
Novellierung der Landesbauordnung NRW
Dass eine Solardachpflicht einen wichtigen Beitrag zur Beschleunigung der Energiewende darstellen könnte, hat der LEE NRW schon lange bei Politik und Ministerien adressiert. Erfolgreich, denn seit dem 01.01.2024 ist die novellierte Landesbauordnung NRW in Kraft. In § 42a BauO NRW ist nun die sogenannte „gestaffelte Solardachplicht“ für Dächer verschiedener Gebäudearten festgelegt. Diese Pflicht zur Errichtung einer Photovoltaikanlage sieht wie folgt aus und ist ab dem jeweiligen Zeitpunkt verpflichtend:
- Auf allen Dachflächen von Landesliegenschaften möglichst bis zum 31. Dezember 2025
- Ab dem 01. Januar 2024 für Nichtwohngebäude
- Ab dem 01. Juli 2024 für Gebäude, die im Eigentum der Kommunen des Landes NRW sind
- Ab dem 01. Januar 2025 für Wohngebäude
- Ab dem 01. Januar 2026 bei Dachsanierungen (vollständige Erneuerung der Dachhaut) von Nichtwohngebäuden und Wohngebäuden
Von dieser Solarplicht ausgenommen sind alle Dachflächen unter 50 m² oder Dachflächen, bei denen eine Errichtung technisch unmöglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist oder es sich um Behelfsbauten und untergeordnete Gebäude handelt. Bei den Gebäuden, die neu errichtet werden, beziehen sich die Stichdaten jeweils auf den Zeitpunkt des Bauantrags. Bei den Dachsanierungen hingegen auf den Beginn der Baumaßnahme.
Auch wurde mit der Novellierung der Landesbauordnung in § 48 Abs. 1 (BauO NRW) die Solarpflicht für neu gebaute offene Parkplatzflächen von Nicht-Wohngebäuden mit über 35 Stellplätzen (z.B. bei Möbelhäusern, Supermärkten, Geschäftszentren etc.) gesetzlich verankert. Diese Pflicht entfällt jedoch, wenn die Stellplätze entlang von Verkehrsstraßen liegen oder je 5 Stellplätze ein Baum gepflanzt wird.
Zusätzlich wurden im Zuge der Novellierung auch die Abstandsflächen der Photovoltaikmodule zu Brandwänden abgeschafft. Der LEE NRW hatte sich im gesamten Verfahren stark für diese Änderung eingesetzt, da die Abstände vor allem bei Photovoltaikanlagen auf Dächern von Reihenhäusern ein großes Problem darstellten und eine volle Ausschöpfung der Flächenpotenziale verhinderten. Diese einzuhaltenden Abstände, sind nun nicht mehr in der Landesbauordnung enthalten (siehe hierzu § 32 BauO NRW). Dies wird im Änderungsgesetz unter Punkt 15 verdeutlicht, in dem die Wörter „Oberlichte und Solaranlagen“ durch „Oberlichte“ ersetzt wird. Die zuvor geltenden Abstände von 1,25 m bei Glas-Folien-Modulen und 0,50 m bei Glas-Glas Modulen wurden damit abgeschafft.
Konkretisierung der Solarpflicht
Anfang Juni 2024 hat nun das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen die entsprechende „Verordnung zur Umsetzung der Solaranlagen-Pflicht nach § 42a und § 48 Absatz 1a der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (Solaranlagen-Verordnung Nordrhein-Westfalen – SAN-VO NRW)“ veröffentlicht. In dieser werden die in der BauO NRW festgelegten Pflichten in insgesamt 13 Paragraphen konkretisiert.
Positiv hervorzuheben ist das den Ausführungen vorangestellte allgemeine Optimierungsgebot: „Dachflächen und Stellplatzflächen sind unter Berücksichtigung der Nutzung so zu planen und zu gestalten, dass diese sich für eine Solarnutzung so weit wie möglich eignen.“
In der SAN-VO NRW werden nun konkret die Mindestgrößen der PV-Anlagen auf Gebäuden und Stellplätzen geregelt. Bei Neubauten muss mindestens 30 % der Brutto-Dachfläche („gesamte Dachfläche, die ein Gebäude überdeckt einschließlich eines Dachüberstands ohne Dachrinne“) mit Photovoltaik Modulen belegt werden. Bei Bestandsgebäuden, deren Dächer umfassend saniert werden, sind 30 % der Netto-Dachfläche („Bruttodachfläche abzüglich der Flächenanteile des Daches, die wegen Verschattung, Dachaufbauten, Dachfenstern, anderer Dachnutzungen oder Ausrichtung nach Norden nicht genutzt werden können) zu belegen. Norden schließt dabei die Himmelsrichtungen zwischen Ostnordost und Westnordwest mit ein.
Alternativ zu dieser 30 % Mindest-Flächenvorgabe besteht auch die Möglichkeit der Realisierung der PV-Anlage in Abhängigkeit von der Anzahl der Wohneinheiten. Dies bedeutet:
- 3 Kilowatt-Peak bei Wohngebäuden mit maximal zwei Wohneinheiten,
- 4 Kilowatt-Peak bei Wohngebäuden mit mindestens drei und maximal fünf Wohneinheiten oder
- 8 Kilowatt-Peak bei Wohngebäuden mit mindestens sechs und maximal zehn Wohneinheiten sowie bei Nichtwohngebäuden.
In unserer Stellungnahme zum Entwurf der SAN-VO NRW hatten wir gefordert, die 30 %-Regelung als Untergrenze anzuheben, um das vorhandene Dachflächenpotenzial möglich optimal auszunutzen. Baden-Württemberg arbeitet etwa mit einer 60 %-Regelung. Wir appellieren daher auch weiterhin an alle Bauherren möglichst das gesamte Dachflächenpotential der Gebäude auszuschöpfen.
Falls Bauherren Ausnahmen, Alternativen oder Befreiungen von der Solarpflicht in Anspruch nehmen wollen, sind diese gegenüber den lokalen Bauordnungsbehörden zu begründen und durch die Behörde zu genehmigen. Neben den im Einzelfall u.a. technisch nicht durchführbaren Anlagen wird auch das Kriterium der Nicht-Wirtschaftlichkeit benannt, nach der Anlagen dann nicht umgesetzt werden müssen wenn die Amortisationszeit mehr als 25 Jahre beträgt. Die Durchschnittliche Amortisationszeit liegt aktuell bei 10 bis 15 Jahren. Alternativ zu den Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen können auch Solarthermie-Anlagen realisiert werden.
Solarpflicht für Stellplätzflächen
Eine Konkretisierung erfolgt auch bei der Solarpflicht für Stellplatzflächen. Diese gilt explizit nur für „Nichtwohngebäude“, also Parkplätzen von beispielsweise Gewerbe- und Industriebetrieben, Handelsunternehmen und Verwaltungen und greift bei einer Mindestanzahl von 35 Stellplätzen. Von dieser Mindestfläche sind wiederum mindestens 30 % der Fläche mit Photovoltaik zu „überbauen“. Auch hier sollte jedoch ein möglichst hohes Flächenpotenzial ausgenutzt werden.
Die Regelung der Solarpflicht bei den Stellplatzanlagen wird nach oben hin anhand der Leistung der PV-Anlage (in kWp) begrenzt. Dies bedeutet, dass nur Anlagen gebaut werden müssen, die eine feste EEG-Vergütung bekommen und sich nicht am Ausschreibungsverfahren beteiligen müssen. An den Ausschreibungen beteiligen müssen sich aktuell alle Parkplatzanlagen ab einer installierten Leistung von 1.001 kWp. Analog zu der Solardachplicht sind auch bei Stellplätzen Ausnahmen aus technischen und wirtschaftlichen Gründen möglich – etwa, wenn diese beispielsweise eine Amortisationszeit von 25 Jahren überschreiten.
Als eine Alternative zu einer Parkplatz PV-Anlage besteht auch die Möglichkeit, je fünf Stellplätzen auf der Stellplatzfläche mindestens einen geeigneten Laubbaum zu pflanzen und zu unterhalten. Dies soll den Eindruck einer großen befestigten Grundstücksfläche abmildern. Zugunsten eines konsequenten Ausbaus der Solarenergie vor allem auf versiegelten Flächen appelliert der LEE NRW weiterhin für eine Aufhebung dieser Alternativregelung.
Als Verband begrüßen wir auch weiterhin die Solarpflicht, denn nur durch einen ambitionierten und konsequenten Ausbau der Solarenergie werden wir die Klimaschutzziele einhalten können. NRW ist mit der Einführung einen wichtigen Schritt gegangen. Nun gilt es die Potenziale auch bestmöglich auszuschöpfen.
Quelle: Landesverband Erneuerbare Energien NRW e. V. (LEE NRW) vom 10.7.2024
www.lee-nrw.de
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