- Unternehmen erwarten steigende Umsätze
- Durch Ausschreibungsverfahren droht Oligopolisierung
- Sechs-Stunden-Regel senkt Erlöse um bis zu zehn Prozent
- HSH Nordbank stellt sich auf neue Bedingungen ein
Die Erneuerbare-Energien-Branche ist ungeachtet des ab 2017 geltenden Ausschreibungsverfahrens optimistisch und sieht vor allem Chancen im europäischen Ausland. Nach einer positiven Bilanz für 2015 erwarten die Unternehmen auch für das laufende Geschäftsjahr weiter steigende Umsätze. Das ist das Ergebnis der Marktexpertise „Erneuerbare Energien 2016“ der HSH Nordbank, für die Anfang 2016 gut 80 Unternehmen aus der Erneuerbare-Energien-Branche befragt wurden.
Gemäß der Novelle 2016 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gilt ab 2017 nicht mehr die feste Vergütung. Die Fördersätze für alle wesentlichen Erneuerbare-Energien-Anlagen – so auch für neue Onshore-Windenergieanlagen – werden dann in einem wettbewerblichen Ausschreibungsverfahren zwischen den Anlagenbetreibern ermittelt. Damit will die Bundesregierung das System der staatlich festgelegten Einspeisevergütung für Strom aus Erneuerbaren Energien ersetzen und die Kosten der Energiewende senken.
„Die erwartete Umsatzsteigerung basiert vor allem auf vorgezogenen Investitionen in Deutschland und einer zunehmenden Verlagerung von Geschäftsaktivitäten ins Ausland“, sagte Lars Quandel, Leiter Energie & Versorger bei der HSH Nordbank. Obwohl der deutsche Onshore-Markt nach Auffassung fast aller Befragten für Investitionen auch weiterhin interessant bleiben werde, steige wegen der Herausforderungen des Ausschreibungsverfahrens das Interesse an Projekten im europäischen Ausland. So planen bereits zwei Drittel der Unternehmen eine Verstärkung ihrer Geschäftsaktivitäten im Ausland. Quandel: „Als einer der Top 3 Finanzierer für Erneuerbare-Energien-Projekte in Europa begleiten wir bereits viele internationale Vorhaben – aktuell vor allem in Skandinavien, Irland und Frankreich.“
Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen beobachtet veränderte Finanzierungsanforderungen der Banken und erwartet höhere Eigenkapitalquoten durch das neue, gesetzlich vorgeschriebene Ausschreibungsverfahren. Diese Befürchtung entkräftete Quandel, zumindest für die HSH Nordbank: „Auch im Rahmen der Ausschreibung wird es eine staatliche Förderung über 20 Jahre geben, daher werden die Finanzierungslaufzeiten nicht beeinträchtigt.“ Doch würden die Kunden künftig früher an Banken herantreten. „Wir als HSH Nordbank haben uns bereits darauf eingestellt und entsprechende Kapazitäten geschaffen“, sagte Quandel. In Ländern wie beispielsweise Frankreich, in denen Ausschreibungsverfahren in der Photovoltaik längst gängige Praxis sind, habe die Bank bereits zahlreiche Projekte finanziert. Für die Marktentwicklung in Deutschland sieht sich die Bank gut vorbereitet, um ihre Kunden erfolgreich bei der Umsetzung ihrer Projekte zu begleiten.
Mehr als die Hälfte der Unternehmen geht davon aus, dass der im EEG geplante Ausbaukorridor für Onshore-Windenergie von jährlich 2.500 Megawatt bis zum Jahr 2025 erreicht wird. Gründe dafür: Bis Ende 2016 erteilte Genehmigungen für die Errichtung neuer Anlagen können noch bis Mitte 2018 im Rahmen des alten EEG 2014 umgesetzt werden, was den Ausbau in diesem Zeitraum sicherstelle. Außerdem würden die politischen Rahmenbedingungen dazu führen, dass die geplanten Ausbauziele erreicht werden. Und nicht zuletzt etabliere sich Windenergie zunehmend im Wettbewerb mit konventionellen Energieträgern.
Als Folge des Ausschreibungsverfahrens werden nach Ansicht von fast 90 Prozent der Unternehmen allerdings Akteure vom Markt verschwinden – das betreffe insbesondere kleine Projektentwickler, Privatinvestoren, Bürgerwind-Initiativen und Landwirte. Es komme zu Kooperationen und Partnerschaften, was die Gefahr einer Marktkonzentration mit sich bringe. „Eine solche Entwicklung könnte nicht nur die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der Erneuerbaren Energien gefährden, sondern damit würde auch eines der geplanten Ausschreibungsziele – der Erhalt der Akteursvielfalt – verfehlt werden“, warnte Quandel.
Am 1. Januar 2016 ist der § 24 EEG in Kraft getreten. Er beinhaltet die sogenannte „Sechs-Stunden-Regel“ für Windenergieanlagen, die seit dem 1. Januar 2016 in Betrieb gegangen sind. Dadurch sinkt die Vergütung auf null, wenn der Wert der Stundenkontrakte für die Preiszone Deutschland/Österreich am Spotmarkt der Strombörse an mindestens sechs aufeinanderfolgenden Stunden negativ ist. Die Stundenkontrakte müssen sowohl in der vortägigen Auktion (Day-Ahead-Markt) als auch im kontinuierlichen untertägigen Handel (Intra-Day-Markt) negativ sein. Aufgrund dieser „Sechs-Stunden-Regel“ befürchten fast 80 Prozent der Unternehmen Erlösausfälle von bis zu zehn Prozent bei neuen Windparks. Außerdem erwarten die Unternehmen höhere Risikoaufschläge bei Kreditgebern und eine erschwerte Projektbewertung, was auch an der komplexen Prognostizierbarkeit von negativen Strompreisen an der Strombörse liege. „Auch diese Umstände sind ein Grund für das verstärkte Interesse an Investitionen im europäischen Ausland“, betonte Quandel.
Die Marktexpertise Erneuerbare Energien 2016 zum Thema „Entwicklung des Onshore-Windenergiemarktes – Die Auswirkungen des neuen Ausschreibungsverfahrens ab 2017“ können Sie hier abrufen.
Quelle: HSH Nordbank AG, 17.03.2016
www.hsh-nordbank.de