Aus Anlass des heute beginnenden 4. Internationalen Bürgerwindsymposiums stellen die beiden Hauptveranstalter World Wind Energy Association (WWEA) und LEE NRW eine neue Studie „Bürgerwind im zweiten Jahr der Ausschreibungen: Viel Schatten, wenig Licht” zum Stand der Bürgerwindenergie in NRW und Deutschland vor. Am Symposium, das sich über zwei Tage erstreckt, nehmen insgesamt 100 Experten aus 20 Ländern teil.
Die neuesten Daten bestätigen die Befürchtung, dass der deutsche Windsektor sich in einer Krise befindet, mit gerade einmal 134 Megawatt an Neuinstallationen im ersten Quartal 2019 und mit drastisch unterzeichneten Ausschreibungsrunden. So wurde in den ersten beiden Runden nur 746 Megawatt an Zuschläge erteilt, obwohl 1350 Megawatt ausgeschrieben waren. In NRW ist der Ausbau gar um 95 Prozent eingebrochen.
Jan Dobertin, Geschäftsführer des LEE NRW, kennt die Ursachen dafür: „Viele verschiedene Dinge machen den Bürgerwindakteuren das Leben schwer: Allen voran der misslungene Wechsel zu risikobehafteten Ausschreibungen sowie restriktive Genehmigungsbedingungen.“ Das haben WWEA und LEE NRW mit einer Befragung herausgefunden. Verschärft wird die Situation durch neue planungsrechtliche Einschränkungen auf Landesebene wie in NRW.
Die Studie zeigt, dass der Bürgerwindsektor durch den Wechsel im Vergütungssystem zahlreichen existenziellen Herausforderungen ausgesetzt ist, da die Interessen der Bürgerenergie zu wenig berücksichtigt wurden. „Das ist eine fatale Fehlentwicklung, da Bürgerenergie für die Akzeptanz der Energiewende eine zentrale Rolle spielt“, weiß Jan Dobertin.
Um die Energiewende unter Einschluss einer starken Bürgerenergie effizienter und planbarer zu gestalten, sollten sich die Bundesregierung und die Landesregierung NRW einigen Kernaspekten zuwenden: Die politischen und wirtschaftlichen Risiken für Bürgerenergie müssen reduziert, die Unterstützung erhöht werden.
Daher sollten die bürokratischen Hürden nicht nur im Genehmigungsverfahren von Windparks, sondern auch für die Direktvermarktung von Strom aus Bürgerenergieanlagen sowie für Sektorenkopplungsansätze gesenkt werden. Gerade unter Berücksichtigung des neuerlichen Urteils des Europäischen Gerichtshofs, dass die Förderung Erneuerbarer Energien gemäß des alten EEG 2012 keine Staatsbeihilfen darstellen, sollte die Bundesregierung prüfen, ob nicht eine Rückkehr zum System der gleitenden Marktprämie ohne vorherige Ausschreibungen die sinnvollste Lösung wäre.
Jenseits des Verkaufs von Strom an die Netzbetreiber sehen Bürgerwindakteure neue Perspektiven insbesondere in den Bereichen Direktvermarktung, Elektromobilität, Wärmeversorgung und der damit verbundenen Sektorenkopplung. Auch hier gibt es aber noch erhebliche Hürden, die beseitigt werden sollten, um die Energiewende als Bürgerenergie-Wende zum Erfolg zu führen.
Hintergrund zum Symposium
Das Symposium wird von WWEA und LEE NRW veranstaltet, in Kooperation mit dem Bündnis BürgerEnergie, der EnergieAgentur.NRW und dem Genossenschaftsverband und unterstützt von der African Platform for Community Power and Rural Electrification, der IRENA Coalition for Action, International Geothermal Association IGA, dem Institute for Sustainable Energy Policies ISEP Japan sowie der Global100RE Plattform. Die Veranstaltung findet im Rahmen des Abschlusses einer zweieinhalbjährigen, von der Stiftung Umwelt & Entwicklung NRW geförderten Langzeitstudie zu Bürgerwind in NRW und Deutschland statt.
Die Studie ist abrufbar unter www.wwindea.org
Quelle: LEE NRW e.V., 23.05.2019
www.lee-nrw.de
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