Der LEE NRW fordert umfangreiche Änderungen an den aktuellen Prognosen der Übertragungsnetzbetreiber für den künftigen Netzausbaubedarf in Deutschland. In seiner Stellungnahme zum „Szenariorahmen 2030“ kritisiert der LEE NRW insbesondere die für Nordrhein-Westfalen viel zu niedrig angesetzten Zubaumengen von Wind- und Solarenergie, die einen inadäquaten Netzausbau sowie einen insgesamt stark verlangsamten Ausbau Erneuerbarer Energien zur Folge haben könnten.

„Das aktuelle Leitszenario sieht für das Jahr 2030 einen Windenergieausbau in NRW von 7,7 Gigawatt vor, während allein bis 2025 ein Ausbau auf 11,5 Gigawatt nötig wäre, um die NRW-Landesziele zu erreichen. Damit bleibt der neue Szenariorahmen für 2030 sogar hinter den Annahmen des derzeitigen Netzentwicklungsplans zurück, der auch schon nur einen Zubau von 8,1 Gigawatt bis 2025 vorgesehen hat“, kritisierte Jan Dobertin, Geschäftsführer des LEE NRW. Der LEE NRW forderte die NRW-Landesregierung deshalb auf, gegen die Annahmen im Szenariorahmen klar Stellung zu beziehen, um einen weiterhin zügigen Ausbau regenerativer Energien in NRW sicherzustellen und das Ziel der Landesregierung, bis 2025 mindestens 30 Prozent des Strombedarfs durch Erneuerbare Energien zu decken, im Netzentwicklungsplan abgebildet zu sehen.

Alle zwei Jahre erstellen die vier Übertragungsnetzbetreiber einen Szenariorahmen, der den Bedarf des künftigen Netzausbaus in Deutschland ermitteln soll. Auf Grundlage des Szenariorahmens sowie den Stellungnahmen verschiedener Akteure erstellt die Bundesnetzagentur den Netzentwicklungsplan, der den weiteren Übertragungsnetzausbau in Deutschland regelt.

Der LEE NRW fordert, dass der Szenariorahmen die unterschiedlichen Bedingungen der Bundesländer stärker berücksichtigt. So erfolgt die Regionalisierung des Windenergiezubaus im aktuellen Szenariorahmen nach einer Windpotenzialstudie, die einheitlich bundesweit die Windstärke in 80 Metern Höhe zugrunde legt. „Dies geht an der Realität in vielen Bundesländern vorbei. Im Binnenland und unter anderem auch in NRW weisen die Windräder heutzutage regelmäßig Nabenhöhen von 120 Metern und mehr auf. Wir fordern die Bundesnetzagentur deshalb auf, bei der Genehmigung des Szenariorahmens 2030 realistische Windpotenziale bei der regionalen Zubauverteilung zugrunde zu legen“, sagte Jan Dobertin.

Auch bei der Solarenergie fordert der LEE NRW deutliche Korrekturen. So geht der Szenariorahmen momentan von einem Zubau aus, der unter dem gesetzlich festgelegten Ausbaukorridor des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2014 von 2.400 bis 2.600 Megawatt jährlich liegt: Im Leitszenario 2030 ist dieser Ausbaukorridor mit einem prognostizierten Zubau von 1.200 Megawatt jährlich mehr als 50 Prozent kleiner. Speziell für NRW ist im Jahr 2030 nur eine Gesamtmenge von 7,2 Gigawatt vorgesehen, wobei 2025 bereits mindestens 8 Gigawatt installierte Leistung für die Erreichung der Landesziele notwendig wären.

Insgesamt kritisiert der LEE NRW, dass die Übertragungsnetzbetreiber beim prognostizierten Strombedarf in allen Szenarien künftige Effizienzgewinne als sehr optimistisch hoch einschätzen, indem sie nicht von realistischen Szenarien, sondern bloßen politischen Zielsetzungen der Bundesregierung ausgehen. Demnach sind laut LEE NRW Maßnahmen, die einen um 13 Prozent geringeren klassischen Stromverbrauch in Deutschland bewirken, momentan nicht ersichtlich. Vielmehr würde nicht zuletzt durch elektrische Wärmelösungen und die Elektromobilität künftig immer mehr Strom benötigt.

Weitere Informationen:
Szenariorahmen der Übertragungsnetzbetreiber

Quelle: Landesverband Erneuerbare Energien NRW e. V. (LEE NRW), 22.02.2016
www.lee-nrw.de