Mehr Wettbewerb, mehr Innovation, sinkende Kosten

Die HSH Nordbank hat eine neue Branchenstudie „Windenergie“ veröffentlicht. Die Bank prognostiziert, dass der europäische Windenergiemarkt in den nächsten Jahren auf einem recht stabilen Wachstumspfad bleibt. Die Rahmenbedingungen ändern sich allerdings: Ab nächstem Jahr müssen Anlagenbetreiber in den meisten Ländern mit Geboten über die verlangte Förderhöhe miteinander konkurrieren – das ist auch in Deutschland so und bedeutet neue Herausforderungen für die Branche.

Die Zahlen in der neuen Branchenstudie „Windenergie“ HSH Nordbank belegen deutlich, dass die Windenergie in vielen Ländern weiter stark wächst und mittlerweile signifikante Beiträge zur Stromversorgung beisteuert. In Europa ging im vergangenen Jahr mit 13,8 Gigawatt so viel Anlagenleistung ans Netz wie niemals zuvor. Deutschland war hierbei mit gut 5,8 GW Nettozubau der Wachstumsmotor und erzielte sowohl bei Offshore-Windparks als auch bei Windparks an Land neue Zubaurekorde. Weiterentwicklungen bei Anlagentechnik und Windparksteuerung ermöglichen dabei immer höhere Energieausbeuten und erlauben dadurch unter anderem auch die Erschließung von Schwachwindstandorten. „In den nächsten Jahren bleibt Deutschland der mit Abstand größte Windenergiemarkt in Europa,“ sagt Volker Brokelmann, Analyst der HSH Nordbank und Autor der aktuellen Studie. Strom aus Windenergie wird dabei mit modernen Anlagen effizienter und kostengünstiger produziert, denn je. In ihrer bereits zum zehnten Mal erstellte Studie schätzt die HSH Nordbank die Stromgestehungskosten, die mit großen neuen Windparks an sehr guten Windstandorten in Europa erzielt werden können, auf gerade mal noch 4 ct pro Kilowattstunde. In Deutschland liegt dieser Wert je nach Standortgüte in einer Spanne von 5 bis 8,5 ct. Das rückt die Frage in den Fokus, wie viel Förderung noch nötig ist und wie Fördermittel für den weiteren Windenergieausbau künftig möglichst effizient eingesetzt werden können. „Es gibt bereits einzelne Tage, an denen Deutschland seinen Strombedarf komplett aus Windenergie decken kann“, sagt Brokelmann. Die Förderung der letzten Jahre habe ihren Zweck erfüllt und den gewünscht starken Zuwachs bei der Windenergie erreicht. Jetzt sei die Zeit für mehr Wettbewerb in den Fördersystemen gekommen. „Das enorme Ausbau-Volumen des Jahres 2015 ist in diesem Jahr allerdings nicht ganz wiederholbar“, sagt Brokelmann. „Wir rechnen an Land mit einem erneut sehr hohen Zubau, doch Offshore werde in 2016 erheblich weniger neue Anlagen ans Netz gehen.“ Mit Blick auf die nächsten Jahre wird der Zubau an Land aber allmählich zäher. „Die windstarken Flächen an Land sind vielfach schon bebaut und die Stromnetze in diesen Regionen nur noch begrenzt aufnahmefähig. Die Projektentwicklung verlagert sich daher etwas auf Binnenlandstandorte. Doch fehlende Vorrangflächenausweisungen und eine stärkere Bürgerbeteiligung können sich auch hier als ausbauhemmend erweisen.“ Besonderes Augenmerk legt die Bundesregierung daher auf die Errichtung von Offshore-Windparks. Vor den deutschen Küsten gibt es noch genügend Raum, um leistungsstarke Anlagen in großer Zahl zu errichten, die dank der guten Windverhältnisse aus See sehr hohe Leistungswerte erbringen. Dass Projektierter beim Ausbau an Land verstärkt auch Binnenlandstandorte entwickeln, ist nach Brokelmanns Ansicht durchaus positiv. „Die führenden Hersteller liefern technisch ausgefeilte Anlagen, die für windschwächere Standorte optimiert sind und auch dort sehr hohe Ertragswerte erlauben“, so Brokelmann. Binnenlandstandorte mit ihren spezifischen Herausforderungen hätten sich daher durchaus als Innovationstreiber erwiesen. Ermöglicht wurde dies wesentlich durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das nach Standortgüte differenziere und finanzielle Anreize schaffe, in weniger windstarken Gebieten zu investieren.

Mit der EEG-Novelle 2017 setzt Deutschland eine Vorgabe der EU um, die den Mitgliedsländern neue Leitlinien für die Ausgestaltung der nationalen Fördersysteme vorgegeben hat. Ab dem Jahr 2017 müssen die Projektierer neu genehmigter Anlagen mit Geboten über die verlangte Förderhöhe miteinander konkurrieren. Nur die niedrigsten Gebote erhalten dann den Zuschlag für ihr Projekt. Wer zu teuer ist, geht leer aus. Bei adäquatem Auktionsdesign waren die Erfahrungen mit dem Auktionssystem durchaus positiv. „In Großbritannien und den Niederlanden wurden erfolgreich Auktionen für neue geförderte Windparkkapazitäten durchgeführt“, sagt Brokelmann. In Deutschland könne man zudem auf die Erfahrungen der bereits durchgeführten Auktionen für die Photovoltaikförderung zurückgreifen. Ab dem Jahr 2017 wir die Bundesnetzagentur für die Windenergieförderung jährlich drei bis vier Auktionen durchführen, auf denen die Förderung für das von der Bundesregierung vorgegebene Ausbauvolumen versteigert wird. Die erste Auktion wird Anfang Mai 2017 stattfinden. Für die Projektierer wird es künftig darauf ankommen, Projektplanung und Gebotsverhalten flexibel an die Marktentwicklung anzupassen.

Windpark-Investoren finden der Studie zufolge derzeit sehr förderliches Finanzmarktumfeld vor, das von sinkenden Kapitalkosten sowohl bei Eigen- wie auch bei Fremdkapital geprägt ist. Dem stehen auf der anderen Seite gewisse Vergütungsausfallrisiken gegenüber. So kann es durch die Zunahme der schwankenden EE-Stromerzeugung zeitweise zu negativen Strompreisen kommen. Während solcher Marktphasen kann dann ggf. auch der Förderanspruch entfallen. Die Umgestaltung der Fördersysteme und der Übergang zu wettbewerblich ermittelten Förderhöhen steht nach Einschätzung der HSH Nordbank einem anhaltenden Zubau neuer Windparks nicht entgegen. So habe die Windkraft auf längere Sicht sowohl an Land als auch insbesondere im Offshore-Bereich noch weitere Kostensenkungspotenziale. Windstrom werde folglich in der Zukunft tendenziell noch günstiger, während sich fossile Energieträger infolge begrenzter Ressourcen langfristig verteuern sollten. Regional sollte der Windenergiemarkt künftig weltweit noch weiter an Breite gewinnen. Für Europa rechnet die HSH Nordbank in diesem Jahr mit einem Zubau von 12,1 Gigawatt. Bis zum Jahr 2020 erwarten sie eine Steigerung auf dann 16,3 Gigawatt. Das Fazit des Branchenanalysten der HSH Nordbank: „Es gibt kein Zurück mehr bei der Windenergie, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen. Zusammen mit der Photovoltaik ist die Windenergie die kostengünstigste Technologie zur CO2-senkenden Umstellung der Stromerzeugung.“

Quelle: EWEA, HSH Nordbank AG