Auf der Zielgeraden hat sich die Regierungskoalition doch noch auf einige Änderungen beim Erneuerbare-Energien-Gesetz geeinigt. Sie betreffen vor allem den Ausbau der Windenergie an Land und die Nutzung von Öko-Überschussstrom. Union und SPD reagieren damit auf die harsche Kritik in den letzten Wochen. Die Opposition kann das nicht besänftigen.
Nun haben sich Union und SPD doch noch einmal bewegt. Kurz vor der Abstimmung im Bundestag einigten sich die Koalitionsparteien auf Korrekturen am Entwurf zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Die teils scharfen Debatten um die Zukunft der Windkraft haben in dem überarbeiteten Gesetzespapier, das klimaretter.info vorliegt und über das verschiedene Zusammenfassungen kursieren, deutliche Spuren hinterlassen.
Statt der bisher vorgesehenen Absenkung der Vergütung für Wind an Land um 1,2 Prozent zum 1. April und von fünf Prozent zum 1. Juni 2017 wird nunmehr zwischen 1. März und 1. August die Förderhöhe monatlich um jeweils 1,05 Prozent abgesenkt. Die erste Ausschreibung für Windenergie an Land erfolgt zum 1. Mai 2017.
Bereits bei dieser Ausschreibung soll der Windkraft-Zubau in der sogenannten Netzausbauregion – früher „Netzengpassgebiet“ – erfolgen, wo der Neubau auf 58 Prozent des Schnitts der vergangenem drei Jahre begrenzt werden soll. Gewissermaßen als „Ausgleich“ sollen gleichzeitig aber auch die sogenannten zuschaltbaren Lasten in diesem und nur in diesem Gebiet verfügbar sein.
Unter den Anlagen, die dann ansonsten abgeregelten Grünstrom nutzen können, sollen künftig auch Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen mit Power-to-Heat-Vorrichtungen sein. Einfach gesagt: Bei Bedarf können in den KWK-Anlagen Heizstäbe zugeschaltet werden, um deren Wassertanks zu beheizen.
Angestrebt werden 2.000 Megawatt an zuschaltbaren Lasten. Sind diese nicht allein durch Power-to-Heat zu erreichen, soll es auch die Möglichkeit geben, andere zuschaltbare Lasten zu nutzen. Das können dann Industrieanlagen, Batteriespeicher oder Elektroautos sein sowie auch Power-to-Gas-Anlagen, die den Strom in Wasserstoff und Methan „umwandeln“, so dass speicherbares Gas entsteht.
Die Kosten für die zuschaltbaren Lasten sollen auf die Netzentgelte umgelegt werden, die die Stromkunden auf ihrer Rechnung wiederfinden.
Offshore-Ausbau konzentriert sich zunächst auf die Ostsee
Bei der Offshore-Windenergie trägt die Koalition offenbar den fehlenden Netzanbindungen Rechnung. So soll die Ausschreibungsmenge bei Offshore-Wind im Zeitraum von 2021 bis 2025 abgesenkt werden. Bisher sollten hier 2.920 Megawatt für den Zeitraum von 2021 bis 2024 ausgeschrieben werden, nunmehr sind 3.100 Megawatt für einen um ein Jahr verlängerten Zeitraum geplant. In den Jahren 2021 und 2022 soll sich der Zubau dabei auf die Ostsee konzentrieren, weil dort das Netz besser ausgebaut ist.
Ausgehandelt wurden die Änderungen von einer sogenannten Steuerungsgruppe der Koalition, der nach den vorliegenden Informationen unter anderem die Bundestagsabgeordneten Michael Fuchs (CDU), Joachim Pfeiffer (CDU), Thomas Bareiß (CDU), Georg Nüsslein (CSU), Hubertus Heil (SPD), Bernd Westphal (SPD) und Johann Saathoff (SPD) angehören.
Änderungen auch bei Biomasse und Bürgerenergie
Die Gruppe einigte sich darüber hinaus auf eine Vielzahl kleinerer Änderungen. So werden – den Wünschen der Branche entsprechend – bei Biomasse die Ausschreibungen auch für Bestandsanlagen unter 150 Kilowatt geöffnet. 2018 bis 2020 wird es gemeinsame Ausschreibungen für Wind und Photovoltaik im Umfang von insgesamt 400 Megawatt geben. Solche technologieübergreifenden oder sogar -offenen Ausschreibungen waren auch bei der Anhörung im Wirtschaftsausschuss diskutiert worden.
Auch für die Bürgerenergie gibt es minimale Verbesserungen. So sollen diese Projekte, wenn sie in einer Ausschreibung einen Zuschlag bekommen, den Preis des letzten bezuschlagten Gebots der jeweiligen Ausschreibungsrunde erhalten. Praktisch bedeutet das, dass die Bürgerenergie-Gesellschaften mit einem relativ niedrigen Preis in die Ausschreibung gehen können, dann aber faktisch die Vergütung bekommen, die der „teuerste“ erfolgreiche Anbieter noch bekommt.
Auch wird in den Änderungen die Definition von Bürgerenergie dahingehend ergänzt, dass zehn Prozent der Anteile der jeweiligen Kommune angeboten werden müssen. Künftig sollen auch sogenannte Mieterstrommodelle einfacher zu realisieren sein, bei denen der Strom aus hauseigenen EEG-Anlagen kommt, ohne dass eine EEG-Umlage fällig wird.
Wenig überraschend beschlossen die Koalitionäre auch, dass energieintensive Unternehmen mit weiteren Entlastungen rechnen können. Haben die Firmen eine Stromkostenintensität zwischen 14 und 17 Prozent, werden künftig nur 20 Prozent EEG-Umlage fällig.
Trotz der Vielzahl der Abänderungen kann Julia Verlinden von der Grünen-Fraktion keine entscheidenden Verbesserungen erkennen. So würden Projekte, die trotz gewonnener Ausschreibung nicht gebaut werden, nicht noch einmal neu ausgeschrieben. Dadurch verringere sich der Ausbau der Erneuerbaren weiter. „Stattdessen gibt es wieder Geschenke für die Industrie“, kritisiert Verlinden. „Sie erhält Rabatte bei der EEG-Umlage, ohne im Gegenzug wirksame Maßnahmen für mehr Energieeffizienz nachweisen zu müssen.“ Für die Grüne bleibt es dabei: „Diese EEG-Novelle missachtet den Klimaschutz, beendet die Bürgerenergiewende und bevorzugt die Großindustrie auf Kosten der kleineren Verbraucher.“
Quelle: klimaretter.info, 5.7.2016