Der LEE NRW fordert, kleinere Bürgerenergieprojekte im neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) grundsätzlich von der Ausschreibungspflicht zu befreien. Die Sonderregeln für Bürgerwindprojekte, die das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in einem Eckpunktepapier vom 15. Februar 2016 vorgestellt hat, kritisiert der LEE NRW dabei als völlig unzureichend. „Selbst wenn es grundsätzlich zu begrüßen ist, dass das BMWi nun erstmals auch Ausnahmeregeln für Bürgerenergieakteure im neuen EEG vorgelegt hat, sind die konkreten Vorschläge letztlich bloß Augenwischerei. Denn auch mit diesen Sonderregeln befinden sich Bürgerwindprojekte künftig in einem unfairen Wettbewerb mit finanzkräftigen Großinvestoren. Wenn wir die Akteursvielfalt der Energiewende sichern wollen, dann müssen Bürgerenergieprojekte von den geplanten Ausschreibungen ausgenommen werden und weiterhin die feste Einspeisevergütung erhalten, die sich seit vielen Jahren bewährt hat“, sagte Jan Dobertin, Geschäftsführer des LEE NRW.
In den ab 2017 geplanten Ausschreibungen für die Solar- und Windenergie an Land, die der LEE NRW generell ablehnt, bieten Akteure bundesweit um eine festgelegte Menge an Erzeugungskapazität. Insbesondere kleinere bürgergetragene Projekte haben gegenüber großen Projektierungsunternehmen deutliche Nachteile, weil sie durch umfangreiche finanzielle Vorleistungen erheblich höhere Risiken tragen. So haben internationale Erfahrungen mit Ausschreibungen gezeigt, dass deren Umsetzung regelmäßig auch zu einer hohen Konzentration der Marktakteure geführt hat.
Laut den jüngsten Vorschlägen des BMWi sollen sich Bürgerenergieprojekte nun schon vor dem Einholen teurer Genehmigungen an der Ausschreibung beteiligen dürfen und die Genehmigungen innerhalb von zwei Jahren nach dem erteilten Zuschlag nachreichen. Der LEE NRW kritisiert diese Regelung als völlig ungenügend, da sich viele Kosten erst im Laufe des Planungsprozesses ergeben und somit das zunächst abgegebene Gebot oftmals nicht haltbar ist. Generell seien diese Sonderregelungen nicht in der Lage, das Ausschreibungsverfahren zu einem fairen Wettbewerb zwischen Bürgerenergieprojekten und großen Akteuren zu gestalten.
Der LEE NRW forderte deshalb, Bürgerenergieprojekte in Höhe von 18 Megawatt grundsätzlich von Ausschreibungen zu befreien. Durch eine klare Definition von Bürgerwindakteuren ließen sich dabei auch die Befürchtungen des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium, Rainer Baake, ausräumen, dass künftig Großinvestoren die Regelung ausnutzen und nur noch kleinere Bürgerwindparks bauen. Die Forderung des LEE NRW wird unterstützt durch Äußerungen der EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, wonach eine Befreiung von der Ausschreibungspflicht für Projekte bis 18 Megawatt mit den EU-Beihilfeleitlinien vereinbar sei. Derzeit sieht der EEG-Entwurf vor, nur Projekte, die kleiner als 1 Megawatt sind, von Ausschreibungen auszunehmen. Dies hätte jedoch für heutige Windenergieprojekte, bei denen bereits eine einzelne Anlage regelmäßig 2,5 Megawatt und mehr aufweist, praktisch keine Relevanz.
„Wenn künftig durch eine allgemeine Ausschreibepflicht kaum noch Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende teilnehmen können, wird das die Akzeptanz der Energiewende ernsthaft in Frage stellen“, mahnte Dobertin. Zahlreiche Untersuchungenhätten gezeigt, dass Bürgerbeteiligung ein entscheidender Faktor ist, um die lokale Akzeptanz von Projekten zu sichern.
Auch eine Studie der World Wind Energy Association (WWEA) und des LEE NRW hat bestätigt, dass Bürgerwindexperten die feste Einspeisevergütung als diejenige Rahmenbedingung bewerten, die die Realisierung von Bürgerwindprojekten bisher maßgeblich ermöglicht hat. Ausschreibungen werten die befragten Experten hingegen als große Gefahr für die Bürgerenergiewende.
Quelle: Landesverband Erneuerbare Energien NRW e. V. (LEE NRW), 15.2.2016
www.lee-nrw.de
vgl. zu Ausschreibungen: EEG-Eckpunktepapier vom BMWi aktualisiert
s. auch: EEG 2016: Energiewende braucht kräftigen bundesweit ausgewogenen Windenergiezubau
zu Ausschreibungen und Bürgerwind: Neue NRW-Studie: Experten werten Ausschreibungen als großes Risiko für Bürgerenergie