Auch in den ersten beiden Monaten des neuen Jahres erzielt die Windenergie neue Einspeiserekorde. Ausschließlich mit Wetter ist das nicht erklärbar.
Fast schon 21 Terawattstunden (TWh) grünen Strom drückten die Windparks alleine im Februar 2020 ins Netz. Die vom Informationsdienst Energy-charts.de des Instituts Fraunhofer Ise gemeldeten 20,8 TWh „Windstrom-Nettoerzeugung“ des vergangenen Monats bedeuten einen gewaltigen Sprung um 24,9 Prozent im Vergleich zum bisherigen Monatsrekord aus dem März 2019, als die deutschen Windparks an Land und auf See 16,65 TWh in die Stromleitungen spannten. Dabei waren bereits 2019 die Spitzenwerte der Windkraft auf allen Messebenen der Einspeisung auf vorher nie dagewesene Höhen geschnellt. Der neue Februar-Rekord ist umso beeindruckender, weil dafür trotz des zusätzlichen Schaltjahrestages im diesjährigen 29 Tage währenden Februar immer noch zwei Tage weniger Zeit blieben als im 31-tägigen Vergleichsmonat März. Und schon im Januar dieses Jahres hatte die deutsche Windkraft laut Energy-charts.de den bisher zweitbesten Einspeisewert mit 16,37 TWh verzeichnet.
Ernte aus drei Sturmtiefs in Folge
Tatsächlich hatte der Februar für die neue Rekord-Einspeisemenge ordentlich Wind gemacht. So wies auch das Stuttgarter Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW) Ende Februar auf das „außerordentliche Windkaufkommen dieses Monats mit den Sturmtiefs Sabine, Victoria und Julia“ hin. Das ist zunehmend auch der Offshore-Windkraft zu verdanken – allerdings nicht nur: Bereits drei TWh habe die 2018 und 2019 noch stark ausgebaute Offshore-Windkraft vom Meer zu dem gewaltigen Volumen Windstroms in den Leitungen beigetragen, vermeldete das ZSW. Aber zugleich war es unbestreitbar nicht minder ein Erfolg für die Windkraft an Land: Diese trug ohne die Offshore-Windparks 17,9 TWh bei und damit schon alleine mehr als die Windturbinen an Land und auf dem Meer zusammen im bisherigen Rekordmonat März 2019.
Neuer Höchstausschlag am 22. Februar
Die außerordentliche Antriebskraft der Februar-Sturmtiefs sorgte auch für einen neuen Höchstausschlag bei den kurzzeitig auftretenden Spitzenauslastungswerten auf eine Einspeisung mit einer Erzeugungskapazität von 47,4 Gigawatt (GW). Dies trat am 22. Februar während des Sturmtiefs Sabine in der frühen Nacht um 20.30 Uhr ein. Zu diesem Zeitpunkt kamen 68,5 Prozent des gesamten Stroms an den Steckdosen aus der Windkraft.
Erstmals lieferten die Windparks auch in einem Monat mehr Strom als alle konventionellen Energieträger zusammen. So kamen Braun- und Steinkohlekraftwerke mit 5,0 und 2,53 TWh, die Atomkraftwerke mit 5,2 TWh, Gaskraftwerke mit 4,6 TWh sowie weitere kleinere konventionelle Energieerzeugungsanlagen einschließlich der Öl-Verstromung und der Wasserkraft im Februar auf zusammen weniger als 19 TWh.
CO2-Preis: Gaskraftwerke speisen fast so viel wie Kohlekraft ein
Dabei trugen auch die Preissignale durch den CO2-Emissionsrechtehandel erneut dazu bei, dass die Stromversorgung aus Gaskraftwerken erstmals fast mit der aus Braunkohlekraftwerken gleichzog und die Atomstromerzeugung sogar knapp darüber lag. Der letzte Monat mit mehr Atomstrom im Netz als aus Braunkohleanlagen war kurz vor dem Ausstieg aus der Atomkraft der Januar 2011. Auf freilich ungleich höherem Niveau: Damals meldete Energy-charts.de mehr als 12 TWh Braunkohle- und mehr als 13 TWh Atomstrom.
Windexperten: Auch Nabenhöhen und Rotorgrößen ursächlich
Die anhaltend starke Zunahme der Einspeisung aus Windkraft ist indes nicht nur eine Folge des guten Wind-Wetters, wie das Windgutachten-Dienstleistungsunternehmen Anemos bei Lüneburg einschätzt: Der Januar 2020 sei aufgrund der Windverhältnisse sogar „ein eher unterdurchschnittlicher Januar“ gewesen. Der trotz stark eingebrochener Aktivitäten beim Windkraftzubau weiter zunehmende Ertrag aus den deutschen Turbinenbeständen lasse sich daraus erklären, dass die Erzeugungskapazität auch 2020 unterm Strich weiter zunehme, antwortet Anemos-Geschäftsführer Lasse Blanke auf Nachfrage durch ERNEUERBARE ENERGIEN. Auch führten größere Nabenhöhen sowie größere Rotoren mit Durchmessern von über 130 Metern bei den ab der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts neueren Anlagengenerationen dazu. Zu beobachten sei, „dass die neuen Windenergieanlagen „eine deutlich höhere Auslastung haben und damit bereits bei leicht höheren Windverhältnissen in Volllast sind“, betont Blanke.
Abzusehen ist damit, dass auch ein starker Einbruch beim Windparkausbau der Windparks an Land in Deutschland wie 2018 um die Hälfte auf noch rund 2,5 GW und wie 2019 um erneut mehr als die Hälfte auf rund 1,1 GW die Zunahme des Windstromanteils nicht aufhält. Wie allerdings der 2021 drohende Netto-Abbau von Windstromkapazitäten bei einem anhaltend niedrigen Windparkzubau und gleichzeitigem Abbau aus der gesicherten Vergütung ausscheidender Altwindparks auf die Windstromeinspeisung einwirkt, bleibt abzuwarten.
2019-Rekord dank überdurchschnittlich viel Wind, …
Zugleich dürften die neuen Rekorddaten aus der Energy-charts.de-Statistik auch die alleinige Begründung des vorangegangenen Einspeiserekords aus dem Jahr 2019 mit günstigen Windverhältnissen zu relativieren. Sie hatten nicht zuletzt auch Windkraft-Branchenverbände für die starke Zunahme des eingespeisten Windstromvolumens um bereits 15 Prozent auf 127 TWh im vergangenen Jahr angegeben.
Richtig ist, darauf verweisen die Analysedaten von Anemos für das vergangenen Jahr, dass 2019 nach Jahren unterdurchschnittlichen Windaufkommens ein leicht überdurchschnittliches Windjahr war. So waren flächendeckend in ganz Deutschland auf 100 Meter über dem Boden die mittleren Windgeschwindigkeiten im Durchschnitt um bis zu 2,5 Prozentpunkte höher ausgefallen, als die mittleren Werte der Vorjahre. Bei feinerer Auflösung des Anemos-Windindex erreichten einige Regionen in den Bergregionen Süd- und vereinzelt auch Mitteldeutschlands einen Indexwert von bis zu 105 beziehungsweise im Mittel um fünf Prozent mehrt Windkaufkommen. Die Erträge der einzelnen Anlagen wiederum hatten gemäß dem Anemos Index hingegen sogar um bis zu fünf und in den Bergregionen um bis zu 10 Prozent zugenommen. Dies belegen die Lüneburger Windexperten mit den Werten einer 3,0-MW-Referenzanlage.
… aber gutes Ergebnis trotz auch schlechter Windmonate
Allerdings lässt sich der Einfluss des guten Windjahrs womöglich eher geringer einschätzen im Vergleich zum Einfluss des Windpark-Ausbaus mit immer größeren und leistungsfähigeren moderneren Windturbinen. Denn auf die einzelnen Monate des vergangenen Jahres bezogen waren nur die Hälfte der zwölf Monate 2019 überdurchschnittlich windreich. Aber in fünf Monaten war 2019 unterdurchschnittlich und damit relativ windarm. Und die Verteilung des Windaufkommens sorgte sogar für einen mit 68 Prozent über den mittleren Werten außergewöhnlich windgesegneten März – und zugleich im Verhältnis zum langjährigen Mittel saisonbereinigt stark absackenden Monaten vor allem im Juli, August und im November. In diesen drei Monaten erreichte das Windaufkommen nur weit unter 90 beziehungsweise sogar weit unter 80 Prozent der mittleren Werte.
Quelle: www.erneuerbare-energien.de vom 5.3.2020
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