Am Ende dieser Woche wird der Bundesrat über gleich drei Initiativen aus insgesamt fünf Bundesländern beraten, die allesamt dem Windenergieausbau in Deutschland neuen Schub geben könnten. Ziel der drei Bundesratsinitiativen aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen sowie den drei Nordländern Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen ist es, die Windturbineninstallationen über einen längeren Zeitraum zu stabilisieren.
Die jüngste Initiative kam von den wohl am meisten von der See-Windenergiewirtschaft profitierenden drei Bundesländern: Schleswig-Holstein, Anrainer gleich von beiden deutschen mit Offshore-Windparks bestückten Meeren, Bremen zusammen mit Bremerhaven als Standort vieler wichtiger und nun freilich kriselnder Werke der Branche, und Mecklenburg-Vorpommern, dessen Küstenhäfen das Land erstmals auch als Industriestandort an der Windkraft beteiligen. Ihre am 26. Januar noch eingereichte Initiative gelang als bisher letzter von inzwischen 29 Tagesordnungspunkten auf die Agenda der Bundesratssitzung am 2. Februar. Ziel der Drei-Nordländer-Bundesratsinitiative ist eine Erhöhung des Ausbauziels für Offshore-Windparks für die Jahre 2030 und 2035. Die Bundesregierung solle den im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2017 eingeführten Zubaudeckel von 15 Gigawatt (GW) bis 2030 auf mindestens 20 GW erhöhen. Dafür solle sie den EEG-Deckel für 2035 von 25 auf 35 GW anheben. Damit bringen die drei Initiatoren identisch die wichtigsten Forderungen der Offshore-Windkraft-Vereinigungen auf die parlamentarische Agenda, die jene vor zehn Tagen erhoben haben. Weitergehende Forderungen der Offshore-Windkraft-Vereinigungen vor allem nach einer kritischen Überprüfung und bestenfalls einer Reduzierung konventioneller Kohle- oder Atomkraftwerkskapazitäten, die zur Sicherheit der Stromversorgung angeblich immer am Netz bleiben müssen.
Die als erster inhaltlicher Tagesordnungspunkt auf die Bundesratsagenda am 2. Februar gelangte Initiative des Landes Niedersachsen stammt vom 17. Januar. Das Bundesland führt mit weitem Abstand den Ausbau der Windparks an Land an. Die von der SPD und der CDU in einer großen Koalition geführte Landesregierung beantragt eine zusätzliche Ausschreibung von weiteren 2.000 Megawatt (MW) Erzeugungskapazität der Onshore-Windkraft über die im EEG 2017 festgelegten 2.800 MW Auktionsvolumen hinaus. Ziel soll es erklärtermaßen sein, damit eine drohende Ausbaupause im Jahr 2019 noch abzuwenden. Sie steht nun auf der politischen Tagesordnung, weil die Ausschreibungen im Jahre 2017 durch einen inzwischen heftige kritisierte Sonderregel im EEG 2017 fast ausschließlich zu Zuschlägen neuer Vergütungsrechte für sogenannte Bürgerwindparks geführt haben, deren Bau zumeist erst in drei oder gar vier Jahren zu erwarten sein dürfte: Denn die Regel erlaubt Bürgerwindparks eine Teilnahme an Ausschreibungen noch vor der Baugenehmigung sowie eine Realisierung in einem großzügigen Zeitraum von bis zu viereinhalb Jahren. Die Mehrheit der Unternehmen in der Windbranche warnt inzwischen, bei den siegreichen Bürgerwindparkgesellschaften handele es sich um unlauteren Wettbewerb. Deren Projektgesellschaften spekulierten auf Windturbinen, die erst in zwei Jahren auf den Markt kommen. Mit Spekulation auf deren erwarteten technologischen Fortschritt könnten diese Bürgerwindpark-Projektierer andere Konkurrenten jederzeit unterbieten.
Die Politik hat bereits reagiert und für die ersten zwei der vier Ausschreibungsrunden im Jahr 2018 diese Bürgerwindpark-Sonderregeln ausgesetzt. 2019 wird aber das erste Jahr sein, in dem nur noch ab 2017 ausgeschriebene Windparks zu bauen sein werden. 2018 hingegen werden noch die letzten vor Einführung der Ausschreibungen genehmigten Projekte an die Netze kommen. Und weil die Bürgerwindparks mit Zuschlägen aus dem vergangenen Jahr 2017 den Erwartungen nach nicht vor 2020 zu realisieren sein werden, droht für 2019 die Ausbaulücke. Die Windparkvolumen aus den zwei ersten Ausschreibungsrunden im Jahr 2018 – in denen die ausgesetzten Bürgerwindpark-Sonderregeln zum Zuge kommen – reichen mit 1.400 MW noch nicht aus: 2019 würde damit noch weit unterhalb des EEG-Ausbauziels von 2.800 MW pro Jahr verbleiben.
Niedersachsen beantragt zusätzlich eine Erhöhung der Ausbauziele für 2020 bis 2022 auf zwei Mal 3.500 und einmal 3.600 MW. Damit will das Bundesland allerdings nur dem dann erwarteten Ausbau der Bürgerwindparks Rechnung tragen. Ausschreibungen über das Volumen von jährlich 2.800 MW hinaus soll es vorerst nicht geben. Für 2023 wollen die Niedersachsen die Ausbauziele auf 2.900 MW nur noch leicht erhöht sehen – das Ausschreibungsvolumen bliebe mit 2.800 MW aber nach dem Willen der Niedersachsen unverändert. Außerdem fordern sie, das Moratorium für die zwei Bürgerwindparkregelungen auf das ganze Jahr 2018 und auch bis Ende 2019 auszudehnen.
Nordrhein-Westfalen wiederum will denselben Ausgleich für das befürchtete Pausenjahr 2019 bei den Windparkinstallationen. Dieser sollte allerdings laut Antragstext mit 1.400 MW etwas niedriger ausfallen. Der federführende Wirtschaftsausschuss und der Umweltausschuss der Länder halten dies für zu wenig. Sie haben daher bereits gemeinsam gefordert, der Antrag solle 2018 die zusätzliche Ausschreibung von 2.000 MW fordern. Düsseldorf hatte allerdings auch verlangt, die zusätzlichen Ausschreibungsvolumen im Jahr 2018 dürften nur aus späteren Ausschreibungen vorgezogen werden. Dafür sollten spätere Ausschreibungen geringer ausfallen. Auch dies lehnen beide Ausschüsse ab, die zusätzlichen Ausschreibungsvolumen bedeuteten kein Vorziehen.
Quelle: Erneuerbare Energien, 29.01.2018
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