
Dank vieler Anlagen auf privaten Dächern hat der Solar-Aufschwung in NRW im vergangenen Jahr angehalten. Die Bilanz wird aber nach wie vor durch den schwachen Ausbau auf den Freiflächen getrübt.
Der Ausbau der Solarenergie in Nordrhein-Westfalen kommt gut voran: Wie eine vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) vorgenommene Auswertung der Meldungen im Marktstammdatenregister zeigt, sind im vergangenen Jahr landesweit 203.316 Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 2.185 Megawatt (MW) neu in Betrieb gegangen. Der Rekordzubau aus dem Vorjahr, als 220.283 Anlagen mit 2.262 MW ans Netz gegangen sind, ist damit knapp verfehlt worden. Im Bundesländervergleich rangiert NRW nach Bayern und mit einem Vorsprung von lediglich 5 Megawatt vor Baden-Württemberg auf Rang zwei.
„Es ist schön zu sehen, dass der Zuspruch für die Solarenergie anhält“, kommentiert LEE NRW-Geschäftsführer Maximilian Feldes die Bilanz des vergangenen Jahres. Die nach wie vor hohen Energiepreise und der Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger sowie von Industrie- und Gewerbebetrieben, sich mit eigenen Photovoltaikanlagen bei ihrer Energieversorgung unabhängiger zu machen, sind für den LEE NRW die Hauptgründe für die nach wie vor hohe Solar-Nachfrage. Immerhin 85 % der im vergangenen Jahr zugebauten Leistung entfallen auf das Segment „Dach-Anlagen“. Der Trend zu einer eigenen Solaranlage spiegelt sich auch in den rund 85.000 neuen Balkonkraftwerken wider. Maximilian Feldes: „Diese Zahlen zeigen, dass die Menschen in NRW die Energiewende aktiv mitgestalten wollen.“
Die LEE NRW-Analyse des Marktstammdatenregisters zu ausgewählten Städten zeigt, dass es im vergangenen Jahr auch einen starken Solarzubau in den Kommunen gegeben hat. So verzeichnete unter den größeren NRW-Städten Köln ein Plus von 46,2 MW, Dortmund von 45,7 MW und Lippstadt von 32,3 MW. Zufrieden zeigt sich der LEE NRW, dass der Solarausbau auch in kleineren und mittelgroßen Kommunen stattfindet. Indikator dafür ist eine Berechnung, wieviel Kilowatt Solarleistung pro Kopf installiert worden ist. Bei dieser Betrachtung haben Titz (2,2 Kilowatt/Einwohner), Nieheim (2,17 kW/Einwohner) und Niederzier (1,16 kW/Einwohner) die Nase vorn. Der LEE NRW hat erstmals die Solar-Entwicklung in allen 396 NRW-Kommunen ausgewertet.
Bei der NRW-Bilanz für den Solarausbau gibt es wie im Vorjahr einen bitteren Wermutstropfen: Die Zahl der leistungsstärkeren und damit von den Erzeugungskosten günstigeren Freiflächenanlagen ist verschwindend gering, Im vergangenen Jahr entfiel auf dieses Segment lediglich etwa 7,5 Prozent der neu installierten Leistung. Gemessen an der gesamten NRW-Solarleistung entfallen auf das Freiflächensegment lediglich fünf %. Nur in den drei Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin gibt es noch niedrigere Quoten. Bis zum Jahr 2030 soll nach den Zielen des Bundes die installierte Solar-Leistung auf 215.000 Megawatt steigen. Der dafür erforderliche Zubau soll zu 50 % auf Gebäude und zu 50 % auf Freiflächen entfallen.
„Mit dem extrem niedrigen Freiflächen-Solaranteil wird Nordrhein-Westfalen seinem eigenen Anspruch eines „Energie- und Industrielandes“ mit großem Energiebedarf nicht gerecht – zumal dieses große Bundesland neben seinen markanten Ballungsräumen an Rhein und Ruhr durchaus auch über große ländliche Räume verfügt“, sagt Jan Dobertin, der bei der B&W Energy Projekt GmbH & Co. KG in Heiden, einem Projektierer von Solar- und Windenergieanlagen, die Abteilung Projektentwicklung leitet, „NRW bleibt mit einer so geringen Freiflächen-Quote weit hinter seinen Möglichkeiten und Potentialen der Solarstromnutzung zurück.“ Bei B&W Energy laufen derzeit nach eigenen Angaben Planungen für Freiflächen-Solarparks mit über 300 MW Leistung – vorrangig entlang von Autobahnen und Schienenwegen.
Für den Vertreter aus der Solarbranche muss die Landesregierung folgende Initiativen ergreifen, damit der Freiflächen-Anteil deutlich wächst:
• Um die höheren Sonneneinstrahlungswerte in Süddeutschland auszugleichen, soll sich die Landesregierung im Bundesrat für ein standortgerechtes Vergütungsmodell stark machen, wie es bei der Förderung der Windenergie in Deutschland seit vielen Jahren praktiziert wird. Im Windsektor gibt es bei der Vergütung für Binnenlandstandorte einen sogenannten Korrekturfaktor, um das im Norden höhere Windaufkommen zu kompensieren;
• Kurzfristig helfen könnte auch die Wiederaufnahme des aktuell ausgesetzten Landesförderprogramms „progres.NRW“, das Freiflächenprojekte unterstützte. Bis zum Stopp der Förderung erhielten Anlagenplaner bis zu 20 % der Investitionskosten beziehungsweise maximal bis zu 500.000 Euro für ihr Solar-Vorhaben.
• Das Land wäre gut mit einem Leitfaden für Kommunen beraten, um eine Standardisierung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren zu erreichen. Gerade weil der Anteil der Freiflächen-PV in NRW nicht hoch ist, besitzen viele Kommunen noch keine oder nur eine geringe Erfahrung mit der Genehmigung entsprechender Projekte. Folge sind vielfach unterschiedliche Genehmigungsanforderungen (z.B. zum Thema Brandschutz), die eine standardisierte Projektplanung erschweren.
Der LEE NRW unterstützt diese Vorschläge: „NRW als Industrieland – mit einem entsprechenden Energiebedarf – braucht grüne Stromproduktion vor Ort und somit auch Freiflächen-PV“, sagt Geschäftsführer Maximilian Feldes, „der Hochlauf lässt sich aber nur mit dem Abbau bürokratischer Hemmnisse und bundesweit konkurrenzfähigen Förderbedingungen erreichen.“
Kommunales Solar-Ranking NRW 2024
Quelle: Landesverband Erneuerbare Energien NRW e. V. (LEE NRW) vom 7.2.2025
www.lee-nrw.de
s. Speicherkapazitäten 2024 um 50 Prozent gewachsen
s. Landesregierung will sofortigen Stopp von 1.500 Windenergieanträgen
s. Bundestag glättet Solarstrom-Spitzen
s. Parlament stellt auf den letzten Metern der Legislatur noch energiepolitische Weichen
s. Nordrhein-Westfalen forciert windige Gesetzesnovelle
Projektentwicklung Projektvermarktung Windparks Altanlagen Bestandwindparks Repowering
s. Solarwirtschaft begrüßt Einigung bei Energierechtsnovelle
s. Positionspapier zur Bundestagswahl: Erneuerbare Energien für Klima und Wirtschaft
Kaufangebot Solarpark mit Batteriespeicher
s. US-Kurswechsel beim Klimaschutz: Erneuerbare sind Schlüssel für europäische Antwort
s. BEE fordert klare Weichenstellung für die Erneuerbare Zukunft
s. Parlament kann weitere Hürden beim Erneuerbaren-Ausbau nehmen
s. EU-Strommarkt-Analyse: Mehr Speicher und Flexibilität als Antwort auf negative Preise