Analyse der Ausschreibungsergebnisse Windenergie an Land für NRW

Link zur Startseite der EnergieAgentur.NRWGebotstermin 1. August 2018

In der 6. Ausschreibungsrunde für Windenergieanlagen an Land waren 12 Gebote aus Nordrhein-Westfalen (NRW) mit einem Volumen von 100 Megawatt (MW) erfolgreich. Zusammen mit den vorangegangenen Ausschreibungen aus 2018 sind es somit 300 MW, die voraussichtlich bis Mitte des Jahres 2020 errichtet werden. Hinzu kommen 368 MW aus den Ausschreibungen in 2017 – die sich größtenteils aus Bürgerenergieprojekte ohne BImSchG-Genehmigung zusammensetzen und somit eine Umsetzungsfrist bis November 2021 haben – sowie eventuelle erfolgreiche Projekte in der noch ausstehenden 7. Ausschreibungsrunde. Durch den Erfolg nordrhein-westfälischer Projektentwickler ist ein massiver Einbruch des Ausbauvolumens in 2019 in NRW nicht zu erwarten. Das Volumen von voraussichtlich ca. 500 MW in 2018 neu installierter Leistung kann auch 2019 wieder erreicht werden.

Erfolg nordrhein-westfälischer Unternehmen sorgt für regionale Wertschöpfung

Dass NRW in den Ausschreibungen bislang so erfolgreich war, ist im Grunde vier nordrhein-westfälischen Unternehmen zu verdanken. Klar dominierend mit über 100 MW Zuschlagsvolumen aus 2018 ist das Konsortium rund um die WestfalenWIND GmbH. Ebenfalls mit jeweils rund 30 MW beteiligt sind die REA GmbH, die Projektberatungsgesellschaft BBWind mbH und die SL Naturenergie GmbH. Die genannten Firmen treten entweder als Projektierer, Betreiber und Verwalter auf oder unterstützend durch Beratungsleistung. Daneben sind es Landwirte und kleine Ingenieurbüros – i.d.R. Altanlagenbetreiber –, die einen Beitrag zum Ausbau leisten.

Insgesamt fällt bei den bisherigen Ausschreibungen auf, dass nur sehr wenige Bieter vertreten sind, die nicht bereits langfristig in NRW ansässig sind. Noch seltener sind (Groß-)Unternehmen erfolgreich, die ihren Hauptsitz außerhalb von NRW haben. Deutschlandweit bekannte und überregional agierende Unternehmen wie beispielsweise Juwi AG, Ostwind AG, wpd AG, pne AG und Abo Wind AG konnten sich entweder keine oder nur wenige Zuschläge in NRW sichern.

Ein kontinuierlicher Ausbau in NRW sichert demnach Wertschöpfung vor Ort, besonders in der Dienstleistungsbranche rund um die Planung und Umsetzung von Windprojekten. Hinter jedem Projekt steckt die Arbeit vieler weiterer kleiner Unternehmen, wie beispielsweise Artenschutz- oder Immissionsschutz-Gutachter. Anders als die international ausgerichteten Anlagenhersteller und deren Zulieferindustrie sind die lokal agierenden Projektentwickler also direkt vom regionalen Ausbau abhängig. Gleichzeitig fördert ein regionaler Akteur das Vertrauen in die Windenergie und sorgt somit für Akzeptanz vor Ort.

Die 31 in NRW bezuschlagten WEA der 6. Ausschreibungsrunde verteilen sich insgesamt auf sieben Kreise mit jeweils 3 bis 5 WEA bzw. 8 WEA im Hochsauerlandkreis. Die Verteilung ist in der Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: NRW Zuschläge WEA, 3-2018.
Grafik: EnergieAgentur.NRW

Abbildung 1: NRW Zuschläge WEA, 3-2018. Grafik: EnergieAgentur.NRW

Die Bandbreite bezuschlagter WEA in NRW umfasst Leistungen von 800 bis 4.200 Kilowatt (kW). Der Anlagenhersteller Enercon behauptet dabei mit 25 WEA seine Dominanz gegenüber den Wettbewerbern in NRW; mit 13 Anlagen ist der Anlagentyp E-115 (3.000 bzw. 3.200 kW) am häufigsten vertreten. Des Weiteren gibt es ein Projekt mit fünf GE 3.2-130-Anlagen und ein Projekt mit einer Senvion M122.

Abbildung 2: Anzahl der genehmigten Anlagen mit Zuschlag, Ausschreibung August 2018. 
Grafik: EnergieAgentur.NRW
Abbildung 2: Anzahl der genehmigten Anlagen mit Zuschlag, Ausschreibung August 2018.
Grafik: EnergieAgentur.NRW

Zu den außergewöhnlichsten Projekten zählt wohl eine Enercon E-53 mit einer Leistung von 800 kW, die in Lichtenau errichtet werden soll. Ungewöhnlich nicht nur deshalb, weil nur wenige damit gerechnet hatten, dass sich solche leistungsschwachen, kleinen Anlagentypen noch in den Ausschreibungen durchsetzen können, sondern auch, weil die Genehmigung bereits im Jahr 2016 erteilt wurde. Der Bieter hat somit bewusst auf die gesicherte Förderung nach EEG 2014 verzichtet, um sich an den Ausschreibungen zu beteiligen.Sind Ausschreibungen nun das bessere Instrument und funktioniert der Wettbewerb?

Genau wie in der 5. Ausschreibungsrunde wurden auch in dieser Runde alle zulässigen Gebote bezuschlagt. Fünf Projekte (43 MW) mit einer BImSchG-Genehmigung von 2016 oder früher wurden jedoch ausgeschlossen, weil sie nicht frühzeitig auf ihren Anspruch auf die gesetzliche Vergütung verzichteten. Hierdurch verringerte sich das gebotene Volumen so stark, dass es keine Knappheit bei den Zuschlägen gab.

Seit Einführung der Ausschreibung im Mai 2017 wurde zum ersten Mal der zulässige Höchstwert von 6,30 ct/kWh geboten. Zudem näherte sich der durchschnittliche mengengewichtete Zuschlagswert dem zulässigen Höchstwert deutlich an. Dieser liegt in der aktuellen Ausschreibungsrunde bei 6,16 ct/kWh und ist damit im Vergleich zur letzten Runde (5,73 ct/kWh) um 0,4 ct/kWh höher, das heißt, dass mehr Gebote mit einem höheren Wert bezuschlagt wurden. Wie in der letzten Runde waren nicht nur leistungsstarke WEA erfolgreich, sondern auch kleinere Anlagentypen bis hin zu der oben genannten 800 kW-Anlage. Diese Entwicklung kann zu einer ineffizienten Nutzung möglicher WEA-Standorte führen. Genau wie die Unterzeichnung ist die Förderung leistungs-, konkurrenzschwacher WEA ein Anzeichen dafür, dass nicht das Ausschreibungsvolumen an sich zu gering ist, sondern die Anzahl der Gebote zu knapp ist für einen funktionierenden Wettbewerb.

Ursprünglich wurde das Ausschreibungsverfahren im EEG eingeführt, um die Kosten des EEG insgesamt gering zu halten. Bereits die Ausschreibungsrunden in 2017 machten deutlich, dass trotz der niedrigen Gebote die Vergütung aufgrund des den Bürgerenergiegesellschaften (BEG) zugestandenen langen Umsetzungszeitraums nicht niedriger ist, als eine politisch festgesetzte Fortschreibung der Degression. Die Frist zur Inbetriebnahme ohne Fördersatzreduktion in der 6. Ausschreibungsrunde endet am 24. August 2020. Zu diesem Zeitpunkt würde bei einer fortlaufenden Degression von 2,4 % pro Quartal nach EEG 2014 die Vergütung 5,87 ct/kWh betragen. Selbst das niedrigste bezuschlagte Gebot von 5,3 ct/kWh läge bei einem 80 %-Standort bei 6,15 ct/kWh. Die erteilten Zuschläge mit dem maximal zulässigen Höchstwert wirken sich für BEG besonders positiv aus: Für NRW-Standorte, die in der Regel Standortgüten zwischen 70 und 80 Prozent aufweisen, erhalten BEG eine Vergütung zwischen 7,31 und 8,13 ct/kWh.

Neben den höheren Gebotswerten weist auch die Aufteilung der Projekte auf die Zuversicht der Bieter hin. Wurden in den vorherigen Runden Windparkprojekte teilweise in Einzelprojekte mit je einer WEA zerlegt, um so das Risiko zu streuen, so überwiegen nun Projekte, die der räumlichen bzw. technischen Definition des Windparks entsprechen.

Abbildung 3: Auswertung EEG Ausschreibung, Zuschlagswerte BEG, August-2018.
Grafik: EnergieAgentur.NRW
Abbildung 3: Auswertung EEG Ausschreibung, Zuschlagswerte BEG, August-2018.
Grafik: EnergieAgentur.NRW

Steigende Fördersätze, Zuschläge auch für leistungsschwache Anlagentypen, unsichere Umsetzungswahrscheinlichkeit bei den BEG-Projekten ohne BImSchG-Genehmigung sowie deren lange Umsetzungszeiträume und ein damit einhergehender unklarer Ausbaukorridor kennzeichnen die bisherige Bilanz der Ausschreibungen. Lediglich der Erhalt der Akteursvielfalt kann für NRW als gelungen betrachtet werden. Verantwortlich dafür ist allerdings nicht die Einführung der BEG-Regeln im EEG, sondern das lokale Know-how, eine gute Vernetzung zur Standortgemeinde und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Akteure vor Ort.Besonders die Unterzeichnung des Angebotsvolumens in den letzten beiden Ausschreibungsrunden macht nicht nur der Windbranche, die eigentlich mehr Ausbauvolumen fordert, zu schaffen; auch die Bundesregierung benötigt zur Erreichung der Klimaschutzziele einen schnelleren Ausbau. Grundvoraussetzung dafür sowie für einen stärkeren Wettbewerb in den zukünftigen Ausschreibungsrunden sind verlässliche planerische Rahmenbedingungen.

Quelle: Anlagenregister (Stand 07/18), BImSchG-Genehmigungsbescheide

Quelle: EnergieAgentur.NRW vom 20.09.2018
www.energieagentur.nrw

vgl. ANALYSE 6. AUSSCHREIBUNG ONSHORE-WIND

s. Analyse der Ausschreibungsergebnisse Windenergie an Land für NRW – Gebotstermin 1. Februar 2018

vgl. Informationen zu Ausschreibungen Windenergie an Land

s. 4. AUSSCHREIBUNGSRUNDE ONSHORE-WIND

s. Wind und Solar: Ergebnisse der ersten Ausschreibungsrunde 2018

vgl. Festlegung des Höchstwertes für die Ausschreibung für Wind an Land 2018

s. 3. Ausschreibung Wind an Land verfestigt Fehlentwicklung – Gesetzgeber muss handeln

vgl. Informationen zu Ausschreibungen Windenergie an Land

s. Bundesnetzagentur startet erste Ausschreibung für Windenergieanlagen an Land

vgl. Bürgerenergie erhält in 1. Ausschreibungsrunde Wind an Land die meisten Zuschläge

s. Eckpunkten zu Ausschreibungen Wind an Land fehlt Mittelstandkomponente

Gemeinsame Ausschreibungen für Wind an Land und Solaranlagen nicht systemdienlich

vgl. Bundesnetzagentur startet dritte Ausschreibungsrunde für Windenergieanlagen an Land