AGRI-PV: MEHR GRÜNER STROM VON DER OBSTPLANTAGE

Der Ausbau der Agri-Photovoltaik ist für den Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) und den Landesverband Erneuerbare Energie Rheinland-Pfalz/Saarland (LEE RLP/SL) ein wichtiger Baustein für die Energiewende. Beide Verbände fühlen sich bestärkt durch die guten Erfahrungen auf dem Obsthof von Christian Nachtwey in der Gemeinde Grafschaft-Gelsdorf.

Für den Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) und den Landesverband Erneuerbare Energie Rheinland-Pfalz/Saarland (LEE RLP/SL) ist Christian Nachtwey „ein richtiger Wegbereiter“ für die wegweisende Nutzung der Solarenergie. Vor gut einem Jahr hatte der Biolandwirt aus der Gemeinde Grafschaft-Gelsdorf (Landkreis Ahrweiler), in Nähe der Landesgrenze zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen die bundesweite erste Agri-PV-Anlage im Apfelanbau errichtet. Mit Unterstützung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme sowie weiterer Forschungs- und Praxispartner hatte Nachtwey mehrere hundert Glas-Glas-Module mit einer Nennleistung von 258 Kilowatt Peak über einen Teil der Apfelplantage installiert.

Zusammen dokumentieren alle Partner die Entwicklung von gleich acht Apfelsorten unter dem Solardach. Sozusagen zum einjährigen Betriebsjubiläum hatten Nachtwey und die Solarwissenschaftler zu einem Hoffest eingeladen, bei dem sich Katrin Eder, die für Klimaschutz, Umwelt und Energie zuständige Ministerin Rheinland-Pfalz, vor Ort einen Überblick von den Vorteilen der Agri-PV verschafft hat.

Für den LEE NRW und den LEE RLP/SL geht die Zeit der Forschungsprojekte bei der Agri-PV langsam zu Ende. „Aussagekräftige Forschungsergebnisse, die in ein beschleunigtes Umsetzungsverfahren einfließen können, sind weiterhin notwendig. Aber vor allem brauchen wir wirklich jede Fläche für den weiteren Solarausbau, ansonsten sind die angestrebten Ziele beim Solarausbau überhaupt nicht zu schaffen“, betonen beide Verbände. Die Bundesregierung hatte bei der jüngst beschlossenen Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Ziele für den Solarausbau auf 215.000 Megawatt bis Ende dieser Dekade angehoben. Das entspricht einer Steigerung um etwa den Faktor 3,5 im Vergleich zum Status quo.

Deshalb sei, so LEE NRW-Vize Thomas Griese, die Doppelnutzung von Flächen für die Landwirtschaft und für die Erneuerbaren Energien „ein wichtiger Baustein für die Energiewende und das Gebot der Stunde“. Was auch Christoph Zeis, Vorsitzender des LEE RLP/SL, so sieht: „Gerade für das Weinbauland Rheinland-Pfalz bietet Agri-PV große Potenziale. Die Solardächer bieten für die Weinreben Schutz vor Hagel, heftigen Regenschauern, Frost und Sonnenbränden und schützen die Böden vor Austrocknung. All das wird angesichts der immer häufiger auftretenden Extremwetter immer wichtiger.“

Noch steckt die Agri-PV in Nordrhein-Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz aber in den Kinderschuhen. Nach einer Übersicht des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme gibt es bundesweit bislang lediglich knapp zwei Dutzend entsprechende Projekte mit einer Nennleistung von zusammen 22 Megawatt.

LEE NRW und LEE RLP/SL sehen in dieser bescheidenen Kapazität aber nur einen Anfang. Beide Verbände verweisen auf eine Potenzialstudie des Fraunhofer-ISE-Instituts: „Deren Experten haben ein technisches Potenzial von 1.700 Gigawatt errechnet. Selbst wenn davon nur zehn Prozent realisiert werden, wäre dies das Dreifache der heutigen installierten Solarstromleistung in ganz Deutschland. Bei all den Potenzialen der Agri-PV sollte der Ausbau klassischer Freiflächen-Photovoltaikanlagen aber nicht aus dem Auge verloren werden: Diese Solar-Kraftwerke bieten schon heute wirtschaftlich tragfähige, von hohen Erfahrungswerten gekennzeichnete Anwendungen, die zudem einen wichtigen Beitrag für die Biodiversität leisten können.“

Die jüngste EEG-Novelle hat erste Erleichterungen für die Agri-PV-Nutzung gebracht. Für LEE NRW und LEE RLP/SL ist das zu wenig, damit es zu einem Boom bei der Agri-Photovoltaik kommt. Beide Verbände fordern deshalb folgende Änderungen für die in den kommenden Monaten anstehenden Energiegesetze auf Bundesebene:

  • Agri-PV-Anlagen müssen unabhängig von der Frage, welchen Beitrag sie zum Umsatz eines landwirtschaftlichen Betriebes durch die Stromerzeugung erwirtschaften, als sogenannte der landwirtschaftlichen Nutzung dienende Anlagen im § 35 Baugesetzbuch aufgenommen und in vollem Umfang privilegiert werden. Das würde die Genehmigungsprozesse erheblich beschleunigen.
  • Die vor einiger Zeit eingeführte Pflicht, Solaranlagen ab einer Leistung von 135 Kilowatt zertifizieren zu lassen, muss entfallen – zumindest muss die Grenze, ab der eine Zertifizierung erforderlich ist, wieder auf 1 Megawatt (1.000 kW) angehoben werden. Die derzeit bestehende Zertifizierungspflicht ist eine unsinnige bürokratische Hürde, die dazu führt, dass viele fertig gestellte Anlagen wegen des aufwendigen und überflüssigen Zertifizierungsverfahrens blockiert sind. Auch das dafür vorgeschriebene Anmeldeprocedere muss vereinfacht und vereinheitlicht werden.
  • In Rheinland-Pfalz muss das im Koalitionsvertrag angekündigte Förderprogramm für Agri-PV endlich von der Landesregierung konkret umgesetzt werden.

Frei nach dem Motto von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck „Es zählt jede Kilowattstunde“ setzen LEE NRW und LEE RLP/SL auf umfassende Erleichterungen für die Agri-PV: „Politik und Landwirtschaft würden sich ins eigene Knie schießen, wenn sie die großen Chancen der Agri-PV nicht schnell und im großen Maßstab nutzen“, betonen Thomas Griese und Christoph Zeis übereinstimmend.

Quelle: Landesverband Erneuerbare Energien NRW e. V. (LEE NRW) vom 11.8.2022
www.lee-nrw.de

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